Als im August 1972 durch die Verselbstständigung der Eishockey-Abteilung des Kölner EK der KEC und später die Kölner Haie entstanden, hätten wahrscheinlich nur die wenigsten vorhergesehen, was alles folgen sollte. Aus dem KEC wurde nicht nur ein Top-Club Deutschlands, sondern ein weit über die Grenzen hinaus bekannter Eishockey-Standort. Acht Deutsche Meisterschaften, historische Verpflichtungen von gro
artigen Eishockeyspielern, echten Typen und Persönlichkeiten, legendäre Playoff-Serien, elektrisierende Derbys, internationale Erfolge und europaweite Zuschauerrekorde machen den KEC zu dem prestigeträchtigen Verein, der er heute ist.Ob als Wegbegleiter der „ersten Stunde”, als Teil der Haie-Organisation, als Stammgast im Haie-Wohnzimmer – damals der Lentstra
e oder heute der LANXESS arena – oder als ganz frischer Fan: Wir alle leben und lieben diesen Verein, haben Höhen und Tiefen miterlebt. Die Haie stiften Identität, begeistern Menschen und sind aus Köln nicht mehr wegzudenken. Unzählige Tränen der Freude, aber auch Tränen der Enttäuschung haben wir gemeinsam vergossen. Für uns alle steht der KEC für Emotionen, Familie und Freundschaften, Leidenschaft und Liebe. So sind die Heimspiel-Besuche mehr als nur ein Ausflug oder Hobby: Sie sind unser Lebenselixier.So waren wir nach der besonderen Jubiläumssaison 2022/2023 sehr stolz darauf, gemeinsam mit unseren Fans den deutschlandweiten Zuschauerrekord im Eishockey aufzustellen. Durchschnittlich besuchten über 14.000 Menschen ein Heimspiel des KEC, was in Europa nur vom Schweizer Verein SC Bern getoppt wurde. Dem Ganzen setzten wir in der Saison 2023/2024 noch die Krone auf – zu dieser durften wir im Schnitt 16.993 (!) Fans zu unseren Heimspielen begrü
en. Das hatte es in dieser Form in Europa bis dato noch nie gegeben, sodass wir gemeinsam mit unseren treuen Fans tatsächlich einen Europarekord aufstellten!Erfolge
Deutscher Meister: 1977, 1979, 1984, 1986, 1987, 1988, 1995, 2002
Deutscher Vize-Meister: 1991, 1993, 1996, 2000, 2003, 2008, 2013, 2014
Pokalsieger: 2004
Silbermedaille/Europapokal: 1985, 1996
Bronzemedaille/Europapokal: 1989
Spengler Cup-Gewinner: 1999
Tatra-Cup-Gewinner: 2011
1993/94:
Ein Klub am Abgrund
Ein Stichtag dieser für die Haie überaus brisanten Saison, die ganz schlimm hätte enden können, war möglicherweise der 8. Mai 1993. Ein Tag, allein von der Jahreszeit her weit entfernt vom Geschehen auf dem Eis, aber dennoch: Heinz Landen, seit 1980 an der Spitze des KEC, feierte in aufgeräumter Stimmung seinen 50. Geburtstag. Die gro
e Finanzkrise des Vorjahrs schien überstanden, zumal der rührige Klubchef in der Zwischenzeit neue Leute für die längere Zeit vakanten Posten in der Vorstandsetage gefunden hatte. Die Vizemeisterschaft ’93, ein gro artiger Coup des russischen Trainers Wladimir Wassiljew, beflügelte Landen zusätzlich.Was er an seinem anstrengenden Festtag mit vielen Gratulanten noch nicht wusste: der für Au
enstehende plötzlich auf der Bildfläche erschienene neue Vizepräsident Ulrich Simon und in dessen Schlepptau der merkwürdige Geschäftsführer Jörg Dickhäuser, sie sollten sich, im Paket, für den Klub als gefährliche Zeitbombe entpuppen. Möglich wurde dies sicherlich durch die schwere Herzerkrankung von Landen, der zwei Tage nach seinem runden Geburtstag zusammengebrochen war, in der Klinik im Koma lag und dort wochenlang um sein Leben kämpfen musste.Was dann folgte, in der Abwesenheit des normalerweise omnipräsenten „Mister KEC“, das war die kalte Machtübernahme durch die neuen Leute, die den sportlichen Manager Helmut Bauer, den einzigen Gefolgsmann des erkrankten Patrons, kalt stellten. Die Medien berichteten jedenfalls schon im Sommer dieses Jahres so häufig und intensiv über die Kölner Eishockeyszene wie noch selten zuvor. Vor allem mit den Klubfinanzen passierten teilweise abenteuerliche Dinge, die Funktionäre, Rechtsanwälte, Gerichte und die Öffentlichkeit noch monatelang beschäftigen sollten: Die Existenz des Eishockeys in der Domstadt geriet ernsthaft in Gefahr.
Zurück zur sportlichen Abteilung, die glücklicherweise von der Unruhe einigerma
en verschont geblieben war. Was auch sicher am bärbei igen Trainer Wassiljew lag, der sich wieder voll auf seine harte Sommerarbeit konzentriert hatte. Beim Personal gab es nur wenig Veränderung, wobei „Väterchen“ Wassiljew jedoch eine strategische Fehlkalkulation zu vertreten hatte. Für den nach Mannheim abgewanderten Andy Pokorny holte der Trainer seinen Landsmann Andrej Martemjanow – und schickte Torjäger Rawil Chaidarow in die Wüste.Dabei wurde doch die vermutete Lücke in der Abwehr vom ersten Spieltag an vom jungen, gerade aus Kanada zurückgekehrten Mirko Lüdemann (19) geschlossen – Köln hatte mit dem gebürtigen Wei
wasseraner ein wahres Eishockey-Juwel in seinen Reihen. Doch vorne gab es keinen gleichwertigen Ersatz für den Rei ertyp Chaidarow, so dass es bei den Haien deutlich an Tor-Power mangelte.„Die Mannschaft hat erst 70 Prozent ihres Leistungsvermögens erreicht“, mit dieser Erklärung machte Wladimir Wassiljew dennoch allen Anhängern erst einmal Mut, und nachdem Alexander Judin von Dynamo Moskau als „Kranken“- Vertretung angeheuert worden war, lie
en sich die Auftaktpartien durchaus erfolgversprechend an. Doch schon beim ersten Spitzenspiel bei Meister Düsseldorf erhielt das KEC-Ensemble beim 2:4 erstmals die Grenzen aufgezeigt.Fatale Niederlagen
Im November dann zwei fatale Heimniederlagen gegen Düsseldorf (2:4) und München (3:5), und dazu die merkwürdige Entscheidung Wassiljews, den Jung-Nationalstürmer Christoph Sandner gegen den Rosenheimer Ronny Reddo einzutauschen. Der russische Eishockeycoach konnte zu dieser Zeit halt schalten und walten, weil die Klubleitung ausdauernd mit sich selbst beschäftigt war.
Den Spielern konnten die Ereignisse nicht gleichgültig sein, denn schlie
lich blieben zeitweise die Gehälter aus. Immer mehr Fans stellten sich die bange Frage: wird es auch 1995 noch erstklassiges Eishockey an der Lentstra e geben? Präsident Landen, noch längst nicht von seinem schweren Herzleiden genesen (und letztlich sollte er sich nie mehr ganz erholen, was seine früher Tod 1999 belegt), lie deutlich durchblicken, dass er einem (vor allem finanzstarken) Nachfolger nicht im Wege stehen würde.Gegen Ulrich Simon hatten längst die Vereinsgremien wie Verwaltungs- und Ehrenrat Front gemacht. Mitte Januar wurde er aus dem KEC hinauskomplimentiert, doch knapp zwei Wochen darauf kündigte auch Landen – nach 14 Jahren an der Spitze – den Rücktritt von seinem Amt an. Längst war klar geworden, dass die wichtigsten Gläubiger eine Sanierung der mit rund 7 Millionen Mark in der Kreide stehenden Haie von einer neuen Führung abhängig machen würden. Jetzt schlug die Stunde von Rechtsanwalt Bernd Schäfer III, einem Gründungsmitglied der Haie und intimen Kenner der Kölner Eishockeyszene. Denn Ende Januar hatte in einer sich immer mehr zuspitzenden Situation der Verwaltungsrat unter Rainer Maedge das Kommando übernommen – und den Versuch einer Sanierung in Auftrag gegeben: „Schäfer – übernehmen Sie!“ Seine heikle Aufgabe: den drohenden Konkurs abzuwenden und einen Vergleich mit den Gläubigern herbeizuführen. Ein Hoffnungsschimmer war vorhanden, nicht nur, weil sich mit dem Unternehmer Heinz Barth ein Mann anzuschicken schien, an die Stelle Heinz Landens zu treten.
Aber die schockartigen Wellen der Dauerkrise, so ganz spurlos gingen sie an der Mannschaft doch nicht vorüber, die doch tatsächlich noch am 44. und letzten Spieltag den fast sicher geglaubten dritten Platz verspielte und nach dem 1:4 in Kaufbeuren noch Krefeld und Landshut an sich vorbei ziehen lassen musste – Rang fünf bedeutete die schlechteste Platzierung des KEC in seiner bisherigen Play-Off-Geschichte. Die Olympiapause im gesamten Februar 1994 kam vielleicht gerade zum richtigen Zeitpunkt.
Anwalt Schäfer fungierte Anfang März, zu Beginn der Play-Offs, als Interimspräsident, und seine Lösungsansätze hatten auch längst die gro
e Chance mit einbezogen, die sich durch die Gründung der neu beschlossenen Deutschen Eishockey- Liga (DEL) auftaten. Das Team qualifizierte sich im Viertelfinale (im Modus best of seven) gegen den EV Landshut dann doch wieder für das Semifinale. Doch dort war gegen den kommenden Meister Hedos München dann einfach der Akku leer. Immerhin: Bei den Haien ging es weiter.