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Interview mit Kai Hospelt: "Er war unverzichtbar für mich“

MITTWOCH, 24. NOVEMBER 2021
Basti Sevastos

Kai Hospelt hat im Sommer seine Profi-Karriere beendet. Für die Haie stand der gebürtige Kölner und Sohn von KEC-Legende Wim Hospelt 424 Mal auf dem Eis. Insgesamt kommt der 114-fache Nationalspieler auf 915 Einsätze in der PENNY DEL – für die Grizzlys Wolfsburg, Adler Mannheim und Krefeld Pinguine.

Kai, du hast deine Schlittschuhe im Sommer an den Nagel gehängt. Mit deiner Familie wohnst du wieder in Köln. Wie sieht dein Alltag heute aus?

Kai Hospelt: „Meine Familie hat schon immer in Köln gewohnt. Das war auch einer der Gründe, warum ich für mich entschieden habe, meine Karriere zu beenden. Es gab im Sommer keine Option mehr für mich in der Nähe Kölns zu spielen. Ich wollte mehr Zeit mit der Familie verbringen können und habe deswegen aufgehört. Der Alltag hat sich natürlich schon etwas verändert. 20 Jahre meines Lebens bin ich morgens aufgestanden und habe das machen müssen, was mir jemand gesagt hat – egal, ob es mir gefällt oder nicht. Jetzt teile ich mir meine Zeit selber ein und es ist auch schön, sein eigener Herr zu sein.“

424 Spiele hast du für die Haie bestritten. Was waren deine schönsten Momente?

„Mit Sicherheit war mein erstes Spiel für die Haie etwas Besonderes. Auch wenn ich mich an das Spiel selbst kaum noch erinnern kann, war es einfach ein Traum, der für mich in Erfüllung gegangen ist. Dann erinnere ich mich immer gerne an das „Monster-Spiel“ gegen Mannheim 2008 auf dem Weg ins Finale zurück. Die Viertelfinalserie 2019 gegen Ingolstadt war auch unglaublich. In der Saison hatten wir eine super charakterstarke Mannschaft und einen großartigen Zusammenhalt. Das DEL WINTER GAME 2019 sticht als Highlight natürlich auch noch heraus. Für mich war das Müngersdorfer Stadion im Prinzip in meinem Garten und ich konnte zu Fuß hinlaufen. Das war schon unglaublich.“

Dein Vater, Wim, hat den KEC auch mitgeprägt. Welchen Einfluss hatte er auf deine Karriere?

„Es war anders als bei meinem Sohn. Mein Vater hatte bereits aufgehört, als ich mit Eishockey angefangen habe. Ich habe ihn natürlich immer mal wieder bei den „alten Herren“ spielen sehen, aber nicht „anständig“ wie zu seiner besten Zeit. Als Kind hat man das natürlich mitbekommen, dass er sehr erfolgreich war und spätestens als er mich dann im Nachwuchs trainiert hat, hatte er einen großen Einfluss auf mich. Später haben wir drüber gesprochen, wie schwer das eigentlich für beide Seiten war. Er als Trainer wollte zeigen, dass er mit dem eigenen Sohn extra streng ist und es keinen Bonus gibt. Das strapaziert die Beziehung – gerade als Teenager. Für mich war es natürlich dementsprechend schwer und ich habe mir in jungen Jahren immer wieder die Frage gestellt, wieso er mit mir so streng ist. Aber Anfang oder Mitte 20 habe ich dann realisiert, was er und auch meine Mutter wirklich alles für mich getan haben. Wir hatten dann eine unglaubliche Beziehung und haben nach wirklich jedem Spiel telefoniert. Später habe ich zwar nicht mehr zuerst ihn angerufen, sondern meine Frau, aber er hat jedes Spiel mit mir analysiert und auch mal Ansagen gemacht, die ich nicht so schön fand. Er war unverzichtbar für mich.“

Insgesamt hast du 19 Jahre Profi-Eishockey in Deutschland gespielt. Deine Karriere wurde sozusagen volljährig. Wie sehr hat sich das Eishockey im Laufe deiner Zeit verändert und wie ist es dir gelungen, dich immer wieder an die Änderungen anzupassen?

„Eishockey wird immer professioneller. Nicht nur von Klub-Seite, sondern auch bei den Spielern. Was sie bereit sind zu investieren und was auch von einem erwartet wird, was man alles investiert. Das Spiel wird immer schneller und athletischer. Ich habe kurioserweise vor kurzer Zeit erst mit meinem Sohn Highlights aus 2010 angeguckt. Das ist nur zehn Jahre her und man könnte meinen, dass das Spiel in Zeitlupe läuft. Aber das ist nicht nur im Eishockey so. Alle Sportarten durchleben einen Wandel und werden schneller und athletischer. Als Spieler, der ja auch älter wird, musst du versuchen dich anzupassen. Es gibt Dinge, die du früher machen konntest, aber über die Jahre dann nicht mehr funktionieren. Und man muss anders trainieren. Als ich 30 Jahre alt wurde und aus der Nationalmannschaft zurückgetreten bin, habe ich viel früher im Sommer begonnen zu trainieren, damit es nicht dazu kommt, dass man aus dem Tritt kommt. Alle sagen, dass man im Alter langsamer wird. Und das stimmt auch zum Teil. Aber heutzutage trainiert man dagegen an. Woran man ab einem bestimmten Zeitpunkt scheitert, ist, dass das Spiel immer schneller wird und du auch schneller werden musst – und das schaffst du dann nicht mehr.“

Wenn du noch einmal die Wahl hättest: Würdest du lieber deine erste Zeit oder deine zweite Epoche beim KEC durchleben?

„Es gab in beiden Zeiten schöne und weniger schöne Momente. Das ist auch normal. In meiner allerersten Saison war es mir egal, wie viel ich gespielt habe, ob eine Sekunde oder zehn Minuten. Da war ich einfach froh, dabei zu sein. Ab der zweiten Saison war ich ein vollwertiges Mitglied der Mannschaft. Da war es dann auch manchmal nicht ganz leicht, wenn man nicht gespielt hat. Hans Zach hat uns jungen Spielern eine Chance gegeben. Er hat uns aber nicht nur gefördert, sondern vor allem gefordert. Er wollte viel und war dann auch immer sehr deutlich, wenn etwas nicht ganz so lief. Das hat einem auch zu dem gemacht, der man heute ist. Die letzte Saison vor meinem Wechsel war trotz meiner schweren Verletzung cool. Es war das zweite Jahr, in dem ich nach meinem Abitur nicht mehr zuhause gewohnt habe. Man hat abseits des Eises viel mit den Jungs gemacht und wir sind bis ins Finale gekommen. Das war eine super Saison. Als ich wiedergekommen bin, war es trotz des frühen Ausscheidens in den Playoffs sehr cool. Wir haben einen Defensivrekord aufgestellt und haben eine super Saison gespielt. Selbst in meiner letzten Saison, als meine Rolle eine andere war und ich weniger gespielt habe, hat mit diese super Truppe richtig Spaß bereitet. Als Mannschaftssportler nimmt man sich dann auch zurück, wenn man weiß, dass man in einer anderen Rolle dem Team helfen kann. Und so haben wir uns dann auch in einer unglaublich spannenden Playoff-Serie zurückkämpfen können.“

Du hast schon die Jungs aus der 2018/19er Saison angesprochen. Im Laufe deiner Karriere hast du viele Spieler kennengelernt. Wer waren die, an die du dich am liebsten zurückerinnerst?

„Aus meinen ersten sechs Jahren muss ich ganz klar Sebastian Furchner nennen, der ja bekannterweise heute auch mein bester Freund ist. Zusammen sind wir nach Wolfsburg gewechselt und haben da auch noch einmal fünf Jahre gemeinsam gespielt. Moritz Müller, Torsten Ankert, Philip Gogulla kamen nacheinander mit mir in den Profi-Kader und wir haben gemeinsam viel durchlebt. Später war ich trotz des Altersunterschiedes mit den beiden Tiffels-Brüdern und Hannibal Weitzmann auch gut befreundet. Ich hoffe, sie sehen das auch so und es beruht auf Gegenseitigkeit (lacht). Von den ausländischen Spielern hatte Alex Hicks einen großen Einfluss auf mich. Er hat mich in jungen Jahren auch Mal zur Seite genommen und mir gesagt, dass ich ein guter Jugendspieler bin, aber das nicht reicht, um bei den Profis mitzuhalten. Bei den Profis müsse man mehr machen als alle Anderen und schon fast eine Angst entwickeln, zu denken, dass es nicht reichen würde, wenn man nicht mehr macht. Er hat sich mir dann angenommen und wir sind ein Jahr lang jeden Tag vor dem Training noch eine Stunde Rad gefahren. Und so etwas wünscht man sich von einem Führungsspieler. Als ich dann in diesem Alter war, wusste ich, dass ich das auch so machen möchte.“

Von Spielerseite aus hat dir Alex Hicks wie du sagst geholfen. Nach deinem Wechsel zu den Grizzlys hast du in Wolfsburg unter Pavel Gross den nächsten Schritt gemacht. 2012 wurdest du sogar zum DEL Spieler des Jahres gekürt. Wieso war dieser Schritt so wichtig für dich?

„Ich habe zwar noch nie für Don Jackson gespielt, aber aus meiner Sicht ist Pavel Gross der beste Trainer Deutschlands. Pavel war in seiner aktiven Zeit selbst ein wahnsinnig guter Center, wodurch er mir sehr viele Tipps geben konnte. Ich konnte sehr viel von ihm lernen und er hat sehr auf mich gebaut. Grundsätzlich war der Wechsel wichtig für mich. Ich hatte vorher meine zweite große Knieverletzung. Ich muss dazu sagen, dass die Haie sich da super verhalten haben und mir trotz Verletzung und auslaufenden Vertrags eine Verlängerung angeboten haben. Ich hatte aber das Gefühl etwas Neues machen zu müssen, die Seite umzublättern und etwas Neues zu versuchen. Und es tat mir gut, mal von zuhause weg zu gehen. Dann lernst du deine Heimat auch anders zu schätzen.“

Später wurdest du mit den Adler Mannheim Deutscher Meister. War das der schönste Moment deiner Karriere?

„Ja, ich denke schon. Die Heim-WM 2010 und die Teilnahme an den Olympischen Spielen waren auch etwas Einzigartiges, aber Titel zu gewinnen ist das größte Gefühl. Ich war vorher ja auch schon ein paar Mal im Finale, gerade im jungen Alter. Und da denkst du noch ‚ach, das ist super einfach und du wirst im Laufe deiner Zeit schon wieder da hinkommen und eins gewinnen‘, aber wenn du es dann ein paar Mal verloren hast und Spieler links und rechts siehst, die aufhören und nie einen Titel gewinnen konnten, dann siehst du erst, wie schwierig es tatsächlich ist. Deswegen war es eine Erlösung, die Meisterschaft zu holen. Wir sind auch ehrlich gesagt damals mit der Erwartungshaltung in die Saison gegangen, dass alles andere als die Meisterschaft eine Enttäuschung ist. So stark war die Mannschaft aufgestellt. Das hat einen aber ab dem ersten Tag des Trainingslagers unter großen Druck gesetzt. Als dieser sich dann aber gelöst hat, gab es dann auch einige Tage kein Halten mehr (lacht).“

Auf deinem Weg hast du viele Haie-Fans kennengelernt. Willst du ihnen noch einen Gruß aussprechen?

„Ich habe mich immer sehr gefreut, wenn ich mich auch abseits des Eishockeys freundlich mit Fans unterhalten konnte. Selbst wenn es auch kritische Worte waren, habe ich mich immer gefreut. In der Zeit, in der ich in Wolfsburg und Mannheim gespielt habe, gab es natürlich gegen mich einige Schmäh-Rufe, was auch vollkommen in Ordnung war. Als ich wieder nachhause gekommen bin – und das ist das Schöne an Köln – war schon wieder alles vergessen. Man hat es letztes Jahr gesehen, wie wichtig die Fans für jeden Verein sind. Spätestens da lernte man es zu schätzen, vor einer großartigen Kulisse zu spielen.“

 

Wir gratulieren dir, lieber Kai, zu einer großartigen Karriere und wir bedanken uns für dein vorbildliches Verhalten auf und abseits des Eises, deinen starken Einsatz und viele schöne Erinnerungen und Momente!