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Marcel Müller: "Ich habe mich manchmal zu sehr auf mein Talent verlassen"

FREITAG, 24. JULI 2020
Basti Sevastos

Marcel Müller (32) kann auf 13 Jahre DEL-Erfahrung mit über 450 Spielen allein in Deutschlands höchster Spielklasse zurückblicken. Und dennoch stellt die Vorbereitung auf die neue Saison auch für Routinier „Malla“eine besondere Herausforderung dar. Wir haben uns mit dem gebürtigen Berliner über Motivation, Freizeitstress und seine Ziele für 2020/21 unterhalten.   

Malla, zu Beginn eine Frage, die wir spätestens seit Corona immer stellen: Wie geht’s dir?
Marcel Müller: „Danke, meiner Familie und mir geht’s gut. Wir sind das Wochenende über in meiner Heimatstadt Berlin, wo meine Nichte getauft wird. Für solche familiären Dinge habe ich ja im Moment ein bisschen mehr Zeit als sonst üblich.“

Wie sieht denn Dein Alltag aktuell aus?
„Ich absolviere das normale Training. Wir sind ja seit einiger Zeit schon wieder an drei Tagen die Woche mit den Jungs auf dem Eis. Ansonsten versuche ich mich, so gut wie mögich, fit zu halten. Dabei helfen mir meine beiden Kleinen hier zu Hause.“ (lacht)

Bedeutet das für Papa Müller Freizeitstress – oder kannst Du die ungewöhnlich lange Zeit mit Deiner Familie genießen?
„Nein, Freizeitstress würde ich nicht sagen. Es ist aber schon so, dass die Zeit mit der Familie sehr intensiv ist. Ich kann das – zumindest noch – in vollen Zügen genießen. Du kriegst alle Entwicklungsschritte hautnah mit. Meine Kleine hat zum Beispiel gerade gelernt, zu laufen. Und Theo ist jetzt schon ein paar Mal mit mir auf dem Eis gewesen. Das macht mir als Papa natürlich Spaß. Aber als Sportler wünsche ich mir natürlich, endlich auch auf dem Eis wieder voll durchstarten zu können.“

Was macht die Vorbereitung auf eine Saison, die ja frühestens Anfang November starten wird, so besonders?
„Na ja, wir haben uns zunächst auf Mitte September vorbereitet. Da wären wir dann in den nächsten Tagen voll ins Mannschaftstraining eingestiegen. Jetzt verschiebt sich das Ganze voraussichtlich auf Anfang/Mitte November, wo wir hoffentlich wieder spielen werden. Das macht natürlich in Sachen Trainingsaufbau und auch für den Kopf einen großen Unterschied.“

Verspürst Du eher eine wachsende Vorfreude auf die neue Spielzeit oder hast Du aufgrund der Situation manchmal mit Motivationsproblemen zu kämpfen?
„Nein, ich habe überhaupt keine Probleme damit, mich zu motivieren. Auch innerhalb der Mannschaft ist die Stimmung immer noch gut. Vergangene Spielzeit habe ich mich ja nach über 17 Monaten Verletzungspause zurückgekämpft. Da gab es schon ab und zu einen Punkt, wo es es schwer war. Dagegen ist die aktuelle Situation – so schwierig sie für den einen oder anderen auch sein mag – motivatorisch für mich kein großes Thema. Ich möchte mich einfach so schnell wie möglich wieder im Wettkampf mit anderen Teams messen und hoffentlich an die Leistungen anknüpfen, die ich über weite Strecken nach meiner Verletzung gezeigt habe.“

Mit Deinen 32 Jahren gehörst Du zu den erfahrensten Spielern im Kader. Wie definierst Du Deine Rolle im Team?
„Ich will voran gehen. Mit meinen Leistungen dem Team dabei helfen, erfolgreich zu spielen. Ansonsten versuche ich, meine Erfahrungen an die jüngeren Spieler im Team weiterzugeben und auf sowie abseits des Eises ein positiver Typ zu sein.“

Gehst Du aktiv auf die vielen jungen Spieler im Team zu?
„Manchmal schon. Auch wenn ich als Typ eher zurückhaltend bin. Wenn das Eis dann aber mal gebrochen ist, bin ich offen für jedes Thema. Aber das betrifft nicht nur die jungen Spieler im Team. Wenn’s Probleme gibt, bei denen ich helfen kann, mache ich keinen Unterschied, ob jemand 17 oder 40 Jahre alt ist.“

Würdest Du gerne nochmal mit einem Chrobot, Üffing, Sennhenn oder Van Calster tauschen, die allesamt in ihre erste Profi-Saison gehen?
„Nein, auf keinen Fall (lacht). Ich weiß ja aus eigener Erfahrung, wie beschwerlich der Weg für die Jungs ist, sich bei den Profis zu etablieren. Da bin ich schon froh, dass ich das bereits erfolgreich hinter mich gebracht habe. Wenn die Frage aber eher in Richtung einer zweiten, geschenkten Kindheit zielen würde: Dann wäre ich sofort dabei! Nochmal so unbeschwert wie meine Kinder in die Welt zu blicken und jeden Tag so zu nehmen, wie er gerade kommt – das hätte schon was.“

Nochmal zurück zu Deiner Rolle: Was kannst Du als Routinier den „Jungen-Wilden“ mitgeben?
„Dass sie sich nicht zu sehr auf ihr Talent verlassen sollen, sondern immer jede Extra-Schicht mitnehmen sollten. Das habe ich zu Beginn meiner Karriere vielleicht selber zu selten beherzigt. Wer weiß, wohin die Reise bei mir sonst gegangen wäre. Erst im Alter von 24 oder 25 Jahren habe ich diese sehr wichtige Seite meines Berufs sehr ernst genommen und täglich hart an mir gearbeitet.“

Wagen wir zuletzt den Blick in die Glaskugel: Was hast Du Dir für die kommende Saison vorgenommen?
„Ich hoffe einfach, dass wir im November vor Zuschauern spielen können. Für mich persönlich geht es darum, weiter an meiner Form zu arbeiten, um dauerhaft das Niveau aus der Zeit vor meiner Verletzung zu erreichen. Als Team wollen wir natürlich die vergangene Saison korrigieren und zeigen, dass wir als Kölner Haie eine gewichtige Rolle in den Playoffs spielen können. Denn ich will irgendwann diesen verdammten Pott in den Händen halten.“